07.06. – Eine Taxifahrt, keltische Wurzeln und ein unerwarteter Endspurt: Die neunte Etappe – 30 km von Grandas de Salime nach A Fonsagrada
Abenteuer bedeutet, sich dem Unbekannten zu stellen. Der Camino hält stets Überraschungen bereit. Heute sollte es meine längste Etappe werden: 27 Kilometer bis zur nächsten Herberge. Der Reiseführer kündigt zwei anstrengende Anstiege auf 1100 Meter Höhe an. Dazu kommt noch Regen. Es schüttet wie aus Eimern. Keine Besserung in Sicht. Ich entscheide mich spontan für eine Taxifahrt. Eine Vernunftsentscheidung!
Das Taxi bringt mich zwölf Kilometer weit, von Asturien nach Galicien. Ein kurzer Ausflug mit dem Auto! Im Gegensatz zum polnischen Galizien schreibt man das spanische Galicien mit „c“. Hier regnet es oft. Die Landschaft ist üppig grün. Galicien ist sehr bergig. Das erschwert die Landwirtschaft. Kleine Höfe und Streusiedlungen prägen das Bild.

Galicien
In vorrömischer Zeit lebten Kelten in Galicien. Viele heutige Traditionen stammen von ihnen: der Dudelsack, der Hexenglaube. Keltische Symbole sehe ich überall in Herbergen und Bars. Eine faszinierende Verbindung zur Vergangenheit! Eine keltische Sprache spricht man in Galicien jedoch nicht mehr. Galicisch ist eine romanische Sprache. Sie ähnelt dem Portugiesischen mehr als dem Spanischen. Neben Spanisch ist Galicisch die offizielle Sprache der Region.
In Galicien regnet es immer noch. Aber nicht mehr so stark. Ich habe Respekt vor den felsigen Auf- und Abstiegen. Sie sind auch bei trockenem Wetter rutschig. Der Reiseführer hat vor solchen Bedingungen gewarnt. Trotzdem bin ich froh, einen Teil der Strecke zu Fuß gehen zu können. Ich bin zuversichtlich, die verbleibenden 15 Kilometer trotz der Nässe zu schaffen. Die Berge von Asturien liegen hinter mir. Dass es in Galicien genauso bergig weitergeht, war mir anfangs nicht bewusst. Ich ziehe meine Regenjacke an und starte.



Mein Weg nach A Fonsagrada
Die Muschelsymbole verwirren mich zunächst. In Oviedo erklärte man mir, dass in Asturien der Kopf der Muschel die Richtung anzeigt, in Galicien die Strahlen. Nun sehe ich Muscheln mit dem Kopf und mit den Strahlen in meine Richtung. Nur die Pfeile darunter sind eindeutig. Eine kleine Verwirrung! Einige kleinere Steigungen bewältige ich schnell. Ich komme meinem Ziel näher…
…und dann wird es wieder richtig anstrengend. A Fonsagrada ist schon auf dem Hügel zu sehen. Nur noch ein Kilometer! Doch dieser letzte Kilometer hat es in sich. Ein steiler Anstieg!
Ich kämpfe mich Meter für Meter nach oben. Eine Gruppe Mountainbiker überholt mich. Sie haben es auch schwer auf dem nassen Untergrund. Der letzte Fahrer schlingert gefährlich. Eine riskante Situation!
Endlich erreiche ich die Stadt. Ich suche die nächste Bar für eine Pause. Eine meiner geplanten Herbergen existiert nicht mehr. Ich bin einen Tag früher hier als gedacht. Meine Buchungen zwingen mich zu einem Pausentag in A Fonsagrada. Eine ungeplante Ruhepause!
In der Bar suche ich die Adresse meiner Unterkunft. Sie liegt drei Kilometer außerhalb des Ortes. Die Gesamtstrecke hat sich von 27 auf 30 Kilometer verlängert. Zwölf Kilometer bin ich mit dem Taxi gefahren, 15 Kilometer zu Fuß gegangen. Trotz meiner Befürchtungen sind die zusätzlichen drei Kilometer kein Problem mehr.


Die nette Herberge liegt 500 Meter vom Camino entfernt, im Dachgeschoss eines Gasthofs, in einem Pinienwäldchen nahe der Landstraße. Eine idyllische Lage! Der moderne Herbergsteil bietet 44 Plätze in Kabinen für zwei bis vier Personen. Ein kleiner Pool mit Massagedüsen steht kostenlos zur Verfügung. Es gibt eine Küche für Selbstversorger. Im Gasthof kann man ein leckeres Pilgermenü und Frühstück bekommen. Ein angenehmer Ort zum Verweilen!

