Ein chaotischer Start in den Tag
Unser dritter Tag in Prag beginnt mit einem sonnigen Morgen und einem gemütlichen Frühstück im Hotel. Heute soll es eine Stadtführung geben. Einige Teilnehmer unserer Gruppe sind erst am Vorabend angekommen. Nun sind wir vollzählig. Am Wenzelsplatz soll es losgehen. Die Karten sind bereits gebucht – wir freuen uns auf eine exklusive Führung.

Doch am Treffpunkt erwartet uns eine unangenehme Überraschung: Eine riesige Gruppe von etwa 50 Personen hat sich versammelt. Unsere Stadtführerin ist kaum zu verstehen. Ein Lautsprecher soll helfen, doch die verzerrten Töne machen alles nur noch schlimmer. 25 Euro pro Person – für eine Tour, von der wir nichts verstehen? Das ist uns zu viel. Wir gehen zurück zur Buchungsstelle. Zum Glück bekommen wir unser Geld zurück. Die geplante Tour ist geplatzt, aber wir lassen uns den Tag nicht verderben. Spontan beschließen wir, Prag auf eigene Faust zu erkunden. So bilden wir kleine Gruppen, die je nach Interessen unterschiedlich den Tag gestalten wollen.

Gemeinsam mit den beiden Klubkameraden, mit denen ich schon am Vortag unterwegs war, ziehe ich los. Unser Ziel: Die geheimnisvollen Einkaufspassagen in der Umgebung. Laut Reiseführer gibt es dort nicht nur architektonische Highlights, sondern auch einige der besten Eisdielen und Cafés der Stadt. Wir bummeln durch enge, verzweigte Gänge, entdecken kleine Geschäfte und verkosten exotische Eissorten. Ein wahres Paradies für Genießer!

Ein unheimlicher Reiter in der Lucerna-Passage
Doch am Ende unserer Tour erwartet uns etwas wirklich Seltsames: Die Lucerna-Passage. Hier mischt sich Prunksucht mit einer dunklen Ästhetik. Und dann sehen wir es: Unter einer großen Glaskuppel hängt ein riesiges Reiterdenkmal. Das Ungewöhnliche daran: Das Pferd ist wie im Schlachthof an seinen Beinen aufgehangen. Der Kopf hängt schlaff herunter, aus seinem Maul baumelt die Zunge heraus. Und auf seinem Bauch? Ein Ritter, der in stolzer Pose sitzt, als wäre er bereit für eine Schlacht. Ein surreales Bild!

Die Erklärung folgt auf einer Infotafel: Das Werk ist eine Parodie auf das Standbild des heiligen Wenzel. Eine bissige, groteske Neuinterpretation. Fasziniert und etwas verstört bleiben wir stehen. Prag kann wirklich überraschen!

Eine Oase der Stille mitten in der Stadt
Meine Begleiter setzen sich in ein Café in der Passage, während ich nach frischer Luft suche. Plötzlich stehe ich vor einem versteckten Kleinod: dem Franziskanergarten. Zwischen der Lucerna-Passage und der Kirche „Maria Schnee“ breitet sich ein ruhiger, liebevoll gepflegter Park aus. Rosenbüsche, alte Bäume und verschlungene Wege – ein Ort zum Innehalten.

„In dieser friedlichen Umgebung können Sie all den Lärm und die Hektik der belebtesten Straßen in Prags Zentrum vergessen“, lese ich später bei sueddeutsche.de. Genau das tue ich jetzt.

Ein Hauch von Marienlegende
Vom Franziskanergarten aus gibt es einen Durchgang zur Franziskanerkirche „Maria Schnee“. Der Durchgang ist malerisch von Laub überdacht und man bekommt einen ersten Blick auf die Franziskanerkirche „Maria Schnee“. Das macht mich neugierig.

Von außen wirkt sie unscheinbar, doch ich will wissen, was sich hinter den Mauern verbirgt. Im Inneren entdecke ich eine bewegte Geschichte: Einst verlassen, stürzte das Gewölbe ein, die Kirche wurde im Renaissance-Stil erneuert. Heute prägt sie ein imposanter Hochaltar – der höchste in Prag.

Der ungewöhnliche Name der Kirche geht auf eine alte Marienlegende zurück. Nach dieser erschien im Jahr 325 Maria im Traum eines römischen Christen gebot ihm, an jener Stelle eine Kirche zu bauen, an der am nächsten Morgen Schnee liegen würde. Es war August, so dass der Römer zunächst an der Erscheinung zweifelte. Aber als er morgens aus dem Fenster sah, lag der Hügel Esquilin unter einer dichten Schneedecke. Der Mann errichtete daraufhin dort eine Kirche und weihte sie „Maria im Schnee“. Eine wundersame Geschichte!

Nach diesem stillen Moment kehre ich zur Passage zurück, um meine Freunde abzuholen. Gemeinsam befinden wir, dass wir einen sehr schönen und gelungenen Tag gehabt haben und freuen uns nun auf das Zusammentreffen mit unseren anderen Klubkameraden, ein gemütliches, gemeinsames Abendessen und dabei das leckere tschechische Bier. Ein perfekter Ausklang eines ereignisreichen Tages!